Gewissheit
Jetzt, da beim HSV das siebte Jahr zweite Bundesliga final
gebucht ist, legt sich wie in jedem Sommer ein Schatten über den Verein. Analysen,
Aufarbeitung und zwar schonungslos. Diese Sprüche kommen mir murmeltiermäßig
bekannt vor.
Ein Umbruch muss her.
Neue Spieler, schließlich kam der Auftritt von Paderborn und nicht nur dieser, einem Totalversagen gleich.
Neuer Trainer, schließlich hat sich wohl jeder, der es ansatzweise mit dem HSV hält mehr von Steffen Baumgart erwartet. Nicht wenige sagen, dass es auch mit Tim Walter nicht schlechter gelaufen wäre. Neuer (Sport-) Vorstand, schließlich hat Jonas Boldt fünf Jahre Zeit gehabt den Aufstiegskader zu formen, wieso sollte es ihm im sechsten Anlauf gelingen?
Ein Umbruch muss her!
Alle drei Thesen sind nicht zu widerlegen. Seit Jahren
stellt der Sportvorstand mit seinem Team und dem jeweiligen Trainer einen für
Zweitligaverhältnisse extrem qualifizierten und teuren Kader zusammen, der die
Erwartungen letztlich nicht erfüllt. Egal welche Spieler, Trainer oder
Sportvorstände daran beteiligt sind.
Seit nunmehr 15 Jahren und fast ebenso vielen Umbrüchen.
Ein Umbruch muss her?
Natürlich kann man diesen erneuten Misserfolg nicht einfach
durchwinken, doch wo will man ansetzen und wer soll das tun?
Über die Besetzung des Vorstands der AG befindet der
Aufsichtsrat. Fußballdeutschland lehnt sich mal wieder mit einer Tüte Popcorn
entspannt im Sessel zurück und staunt welche Säue beim HSV durchs Dorf
getrieben werden, weil die Entscheidungsfindung mal wieder so öffentlich läuft,
dass die Kandidaten schon absagen, bevor sie kontaktiert wurden.
Einigkeit besteht in diesem Gremium nur darin, dass man die
Interessen jener wahrt, aus dessen Gnaden man im Aufsichtsrat sitzt.
Ein Umbruch muss her!
Wir leisten uns einen Vereinspräsidenten, der nur Dank eines
dünnen Vorsprungs ein Misstrauensantrag abwehren konnte und kurz danach total
isoliert aus dem Aufsichtsrat zurücktrat. Der vielleicht nur im Amt ist, weil
seine Gegenkandidaten vom Beirat nicht zur Wahl zugelassen wurden. Von dem
Beirat, der für die Zusammenstellung des Aufsichtsrats zuständig ist und
peinlich genau darauf achtet, dass jeder, der im Hintergrund die Fäden ziehen
will seine Marionette in diesem Gremium sitzen hat. Sportliche Kompetenz sucht
man hingegen vergebens im Aufsichtsrat.
Ein Umdenken muss her!
Unserem HSV ist jegliche Siegermentalität abhandengekommen.
Seit nunmehr fünfzehn Jahren entwickelt sich der HSV
sportlich nur noch in eine Richtung. Von dem Versuch in ein europäisches Finale
einzuziehen, über die Unabsteigbarkeit, bis hin zum Zweitligadino. Dieser
Misserfolg wird von oben vorgelebt, von ganz oben.
Der Streit zwischen Bernd Hoffmann und Didi Beiersdorfer,
die Rückholaktion von van der Vaart über den Kopf des damaligen Sportdirektors
hinweg, die von Missmanagement begleitete Ausgliederung, die dem Verein die
Seele nahm sollen nur als Beispiele dienen.
Unabhängig von der jeweiligen sportlichen Leitung wurde von
oben eine Gemengelage aus Inkompetenz und Klüngelei vorgelebt, wurden
Ansprüche, die sich allein aus der Historie ergaben angestrebt, wurde von jedem
alles hinterfragt, nur nicht sich selbst.
Ein Umdenken fand statt.
In den vergangenen Jahren hat sich der HSV zu einem Verein
gewandelt, der gesellschaftliche Werte vertritt und kommuniziert mit denen ich
mich Identifizieren kann. Dies wurde von unten nach oben vorgelebt (ich möchte
hier unser Fanprojekt hervorheben), dann aber aufgenommen und klar nach außen
transportiert.
Wirtschaftlich ist man auf einem Konsolidierungskurs, der
natürlich auch von Einmaleffekten unterstützt wurde. Immerhin in dieser
Beziehung hat sich der HSV positiv gewandelt. Natürlich kann man dem
Sportvorstand vorwerfen, dass er den Kader im Winter nicht verstärkt hat, man
kann ihm aber auch zugutehalten nichts gemacht zu haben, wovon er nicht überzeugt
war.
In wie weit dies für ein Verbleib des Vorstandes langt gilt
es zu analysieren.
Sinnbild!
Wenn jemand ein Sinnbild für die Situation des HSV sucht, bedarf
es nur einen Blick in die Gesichter der Spieler die nach Abpfiff in Paderborn
vor der Kurve standen, die „Mein Hamburg lieb ich sehr“ gesungen hat. Wie
belämmert standen sie da, wie die sprichwörtlich geprügelten Hunde.
Aber haben sie wirklich immer alles für den Erfolg getan?
Fehlten nur die Mittel?
Wurden sie falsch zusammen- ein- oder aufgestellt?
Der Versuch von Steffen Baumgart sich vor seine Mannschaft
zu stellen mag ja ehrenwert sein, aber letztlich waren das nur die Phrasen, die
wir uns Jahr für Jahr anhören.
Umbruch.
Es wird einen Umbruch geben. Auf welcher Ebene auch immer.
Begleitet von größtmöglicher sportlicher Inkompetenz im
Aufsichtsrat fehlt mir jeglicher Glaube an eine wirkliche Verbesserung der
Situation.
Es wird den Aufschwung im Spätsommer und den Absturz im
Frühjahr geben, vollmundige Ankündigungen und schmallippige Erklärungen.
Wir werden in der besten Zweiten Liga aller Zeiten vor
vollem Haus gegen die Traditionsvereine gewinnen, um dann gegen die Ulms,
Elversbergs und Münsters (nicht despektierlich gemeint) der Liga zu versagen.
Am Ende der Saison, vielleicht auch schon im Winter, werden
wir dann den nächsten Umbruch fordern, vom gleichen Aufsichtsrat, mit der
gleichen sportlichen Inkompetenz.
nurderHSV!