Zwei Tage nach der unglücklichen Auswärtsniederlage von Köln wird es wieder Zeit etwas nüchterner auf die Geschehnisse der ersten Saisonspiele zu blicken. Dazu sollte man auch so weit wie möglich Verschwörungstheorien, überzogene Erwartungen, Schwarzsehereien, aber auch Lobhudeleien vermeiden.
Doch was wäre Fußball ohne Emotionen? Ja auch ich habe beim Betrachten meiner ersten Sportschau seit Jahren (was für eine grausame Sendung) gepöbelt und diese rote Karte dem medienwirksamen Spahic- und HSV-bashing der letzten Wochen zugeschrieben. Nachdem ich bei Sky das gesamte Spiel gesehen habe fiel mir vor allem auf wie unterschiedlich die Sendeanstalten die Szenen bewertet haben und das lässt mich zu dem Schluss kommen, dass die Geschichte wohl zumindest nicht ganz eindeutig war.
Eindeutig bestimmt (natürlich ohne zu glänzen) hat der HSV das Geschehen in den ersten 60 Minuten. Ein einziger Torschuss gelang den Kölnern bis zu diesem Zeitpunkt und während die Effzeh-Anhänger den Sommerhit „Erste Liga keiner weiß warum“ anstimmten, bin ich heute versucht zu singen „Sieben Punkte keiner weiß warum“. Doch im Erfolgsfall will man das ja auch gar nicht wissen und den Effzeh-Fans seien die Wochen des Erfolgs gegönnt. Aber auch das soll eigentlich nicht mein Thema sein.
Nach vier Pflichtspielen sieht man sehr deutlich, was der HSV kann und auch nicht kann.
Von der Moral und dem Einsatzwillen her scheint die Mannschaft absolut intakt zu sein, dafür sollen die letzten beiden Spiele als Beweis stehen. In Jena sah man allerdings auch deutlich, wie hilflos man ist, wenn man auf diese Tugend aus welchen Gründen auch immer einmal nicht zurückgreifen kann. Anders ausgedrückt kommt das Team spielerisch nicht über Ansätze hinaus.
Der Gewinner der ersten drei Spiele war eindeutig Gideon Jung, der auf der Sechs zu überzeugen wusste, in Köln wirkte er aber vom Kopf her zu langsam und seine Auswechselung war nachvollziehbar. Jetzt wird es interessant zu sehen sein, wie Labbadia weiter mit dem jungen Bengel umgeht.
Ekdal scheint sich allmählich zu integrieren und deutete in Köln an, dass er eine Verstärkung sein kann, Gregoritsch und Schipplock verleihen dem Kader zumindest mehr Breite. Spahic hat gegen Köln ein klasse Spiel gemacht, sah allerdings beim 1:1, als er nicht mit Hosiner mitging schlecht aus. Für die Elfmetergeschichte mache ich ihm keinen Vorwurf, da vergleichbare Vergehen in neun von zehn Fällen nicht gepfiffen werden, was wieder einmal die Frage nach einer einheitlichen Regelauslegung nach sich zieht. Die rote Karte kann man als ausgleichende Ungerechtigkeit ansehen, wenn man das Bayernspiel hinzuzieht, ich tue mich damit aber mehr als schwer.
Hoffen darf man als HSV-Fan noch auf Marcello Diaz und das dieser nach seinem späten Einsteigen in die Vorbereitung allmählich in Tritt kommt. Bisher erinnert die Spielweise doch noch sehr stark an das Gebolze des letzten Jahres, aber da waren auch keine Quantensprünge zu erwarten.
Statistisch hatte man das Spiel in Köln absolut im Griff fast dreimal so oft wie der Gegner schoss man auf das Tor (17:6), man gewann 54% der Zweikämpfe, wurde fast doppelt so oft gefoult (17:9), spielte mehr Pässe und das auch noch minimal genauer. Doch über dem Spiel steht das 2:1, das man sich durch Sorglosigkeit selbst zuzuschreiben hat.
Positiv überrascht hat mich die Tatsache, dass man im Gegensatz zur Vorsaison nach der Führung weiter offensiv spielte. Hoffentlich bleibt das auch trotz des Ausgangs des Spiels so. An der Ballance dabei kann man ja noch arbeiten.
Überhaupt sollte man sich weniger in Schiedsrichterkritik ergehen und die Fehler mehr bei sich selbst suchen, denn davon waren noch mehr als genug auszumachen.
Hätte man den eigentlich verdienten Punkt aus Köln mitgebracht, wäre der Bundesligastart gelungen, doch auch so kann man etwas entspannter in die ÜBERFLÜSSIGE Länderspielpause gehen, als man noch vor 10 Tagen dachte.
Nur Nachlassen darf man in keinster Weise.