Freitag, 23. Dezember 2022

Rückblick nach vorne

 Heute hatte ich, wie viele andere auch meinen letzten Arbeitstag des Jahres und das ist für mich immer die Zeit auf das Jahr zurückzublicken. Heute schreibe ich mal ein paar Gedanken auf.


In erster Linie bin ich dankbar. Mir, uns geht es wirklich gut. Gesundheitlich, wirtschaftlich, gesellschaftlich.  Zukunftsängste sind eher abstrakt, weil sie mich nur indirekt betreffen. Stand heute gehe ich davon aus mein Leben in relativer Sicherheit leben zu dürfen. Wie gesagt, ich bin sehr dankbar dafür. Trotzdem mache ich mir natürlich Sorgen über das, was wir unserem Planeten antun und bestimmt unternehme auch ich noch nicht genug dagegen.


In diesem Jahr bin ich dankbarer denn je dafür, dass ich hier in Frieden leben darf, weit weg vom Krieg, der trotzdem näher als je zuvor in meinem Leben ist. Selbst der geografisch dichtere Krieg in Ex-Jugoslawien schien mir weiter entfernt zu sein.

Es gibt Lichtblicke von Mitgefühl und Hilfsbereitschaft in unserer Gesellschaft und doch nehme ich in diesen Krisenzeiten viel zu viel Egoismen wahr. Wer am lautesten schreit bekommt auch etwas. Längst ist anerkannt, dass der Lobbyismus der größte Parasit unserer Gesellschaft ist, doch leider geht der leer aus, der keine Lobby hat. Wir leben in einer Zeit, in der auch bei uns staatliche Hilfen notwendig sind, doch kommt davon zu wenig dort an, wo es wirklich und dringend benötigt wird. Mich zähle ich übrigens nicht zu den Bedürftigen, manche meiner Kollegen, die als ungelernte Arbeiter knapp über dem Mindestlohn bekommen (das Wort „verdienen“ verbietet sich hier) und die Inflation voll zu spüren bekommen aber sehr wohl.


Eine seit Jahrzehnten verfehlte Energie- und Klimapolitik, immer der Automobil- und Energielobby und deren Totschlagargument „Arbeitsplätze“ folgend hat uns in die Abhängigkeit getrieben, unter der wir jetzt leiden. Aktionistisch wird jetzt versucht die Lücken in der Energieversorgung zu schließen, wobei die Nachhaltigkeit mal wieder hinten anstehen muss.

Neulich hatte nahm ich an einer Ausschusssitzung im Amt bei Raumtemperaturen um 16° C  teil, während zeitgleich SUVs mit 220 km/h über unsere Autobahnen fahren. Übrigens hatten zwei ehrenamtliche Ausschussmitglieder nach dieser Sitzung eine Erkältung. Immerhin wurden sie nicht überfahren. Vielleicht sollte man die ehrenamtliche Arbeit verbieten, denn die scheint gefährlich zu sein.


Ja, das Ehrenamt bereitet mir wirklich viel Freude. Urdemokratisch, ohne jeglichen Fraktionszwang über Sachfragen zu entscheiden, Projekte gezielt und so unbürokratisch wie möglich voran zu bringen empfinde ich als sehr befriedigend und ich engagiere mich so gut es die Zeit zulässt. Ja, ich bin sehr dankbar, dass ich diesem Hobby in einem tollen Team nachgehen kann.


Dankbar bin ich auch für meine Familie. Wir haben einen Weg gefunden uns bei allem Zusammenhalt in jeder Lebenslage auch die Freiheiten zu geben uns persönlich entfalten zu können. Ich weiß wie wenig selbstverständlich das ist.


Beruflich übernehme ich mehr und mehr Verantwortung und entwickle mich auch in meinem hohen Alter weiter. Eigentlich wollte ich diese Verantwortung nach meiner Selbstständigkeit gar nicht mehr und ich habe nicht darum gebettelt. Schließlich bewegte ich mich vor sieben Jahren am Rande der Arbeitsunfähigkeit und hätte bei weiterem Zögern mehr als nur die Selbstständigkeit verloren. Noch jetzt spüre ich die Dämonen, die es mir zeitweise unmöglich machten auch nur die leichtesten Tätigkeiten auszuführen und mir ist klar, dass ich sie nie ganz loswerden kann. Nur gelingt es mir mittlerweile sehr gut sie in Schach zu halten. Dies verdanke ich meinem großartigen Umfeld und (ja ich bin stolz darauf) auch mir selbst.


Dieses Umfeld bestehend aus Familie, Arbeitskollegen, Fraktionskollegen, Freunden aus nah und fern prägt mich und manchmal gelingt es mir zu erkennen, wie sehr ich mich entwickle und manchmal habe ich sogar das Gefühl auch positiv auf dieses Umfeld einwirken zu können.

Ein Nachteil daran ein großes Umfeld zu haben ist, den ganzen Menschen nicht gerecht werden zu können. Manchmal bekommt man mit dem Hammer zu spüren, dass die auch nicht mehr möglich sein wird. Wie bei Hassan, Jörg, oder jetzt bei Thomas.


Als mir nach Hassans Tod die Bilder in die Timeline gespült wurden, auf denen auch ich zu sehen war ist mir erst so richtig klar geworden wie wenige Fotos dieser Art es mit Hassan gegeben hat, wie viel Glück ich hatte ihn zweimal in der Verfassung antreffen zu dürfen, die ihm unseren Besuch erlaubt hat und wie wenig ich bemüht war weitere Besuche folgen zu lassen. Schließlich hat man ja noch so viel Zeit, oder wie bei Hassan, Jörg und Thomas eben nicht.


Trotzdem ist es mir wichtiger die Begegnungen mit all den großartigen Menschen da draußen zu feiern, als verpassten Treffen hinterher zu trauern und so bin ich dankbar für die Möglichkeiten, die mir mein privilegiertes Leben einräumt.


Ja, ich gehe optimistisch ins nächste Jahr und das nicht nur, weil ich mit meiner Stadioncrew den Aufstieg unseres HSV feiern können werde, sondern weil ich davon überzeugt bin mit der Hilfe meines Umfeldes die anstehenden Herausforderungen meistern zu können.


Danke dafür.