Es gibt wohl niemanden, der wirklich erklären kann was passiert, wenn Dortmund nach Hamburg reisen muss. Eigentlich sprach alles für einen Erfolg des BVB. Alles bis auf die Tatsache, dass es für Dortmund im Volkspark halt nur in den seltensten Fällen etwas zu holen gibt.
Analysiert man das Spiel, kann man jedem Treffer des HSV einen Fehler der Dortmunder zuordnen. Bürki ungeschickt, Ginter Fehlpass, Hummels Tor lauten die Fakten um die drei Erfolgserlebnisse des HSV, doch natürlich steckt mehr dahinter.
In der ersten Halbzeit war die spielerische Überlegenheit der Gelbschwarzen deutlich zu erkennen, die Ballzirkulation, die Passsicherheit ermöglicht durch das gute Spiel ohne Ball waren schon gut anzusehen. Der HSV schaffte es allerdings die Gegner aus der Gefahrenzone zu halten und so jegliche Effektivität des BVB zu unterbinden.
Die Dortmunder hatten Probleme mit dem variablen Spiel des HSV. Mal zogen sich die Rothosen in die eigene Hälfte zurück, um kurze Zeit später wieder weit vorne zu pressen. Mit voranschreitender Spielzeit wurde es immer ungemütlicher für Dortmund und den Spielern war ein Unbehagen anzumerken. So lassen sich vielleicht auch die folgenden Fehler erklären.
Allerdings muss man die angebotenen Fehler auch erst einmal so konsequent ausnutzen wie es der HSV getan hat. Das 2:0 ging so in Ordnung und als ich mich während der Halbzeitpause umsah, waren die Blicke der Fans auf der Nord doch eher ungläubig.
Wenn es mal läuft, übersteht man auch die Druckphase zu Beginn des zweiten Durchgangs und bekommt das dritte Tor von einem in dieser Situation orientierungslos wirkenden Mats Hummels geschenkt. Dann hält der auch Torwart den einen oder anderen Ball, den er nicht unbedingt halten muss und kassiert das 1:3 so spät, dass danach kaum noch etwas anbrennen kann.
Die taktische Maßnahme Labbadias mit einer defensiven Dreierkette vor der Abwehr ging zu einhundert Prozent auf. Kacar und Jung spielten sehr solide und sorgten dafür, dass Dortmund kaum zum Zuge kamen. Holtby konnte so das machen, was ihn stark macht. Er trieb sich auf dem gesamten Feld rum, sorgte so für Unruhe beim Gegner, kurbelte das eigene Spiel an und traf sogar.
Gefreut haben mich die Auftritte von Ostrzolek und Cleber. Der Linksverteidiger machte sein vielleicht bestes Spiel im Trikot des HSV und zeigte (endlich) auch mal etwas Selbstbewusstsein. Der Brasilianer war sofort da, als er nach der Verletzung von Emir Spahic gebraucht wurde und leistete sich kaum einen Lapsus. Natürlich könnte man nach so einer starken Mannschaftsleistung auch die anderen Spieler loben, die sich allesamt in den Dienst des Teams gestellt haben, doch würde das zu weit führen.
Es war ein besonderes Spiel, das mit einer zwanzigminütigen Verspätung begann, weil die Einlasskontrollen etwas länger als gewohnt dauerten. Ob sie denn auch entsprechend gründlicher waren lasse ich mal dahingestellt. Die Polzeipräsenz hatte ich stärker erwartet, empfand die Zurückhaltung doch als sehr angenehm und hatte auch nicht das Gefühl, mich an einem besonders gefährdeten Ort zu befinden.
Den Opfern von Paris wurde schweigend, Helmut Schmidt mit Applaus gedacht und das war auch so weit in Ordnung.
Im Gegensatz dazu war die Verabschiedung von Marcel Jansen gar nichts. Unwürdig und armselig war der allgemeine Tenor auf diese Aktion und wieder einmal wurde deutlich, was der HSV nicht kann.
Ich bin sehr froh noch kurzfristig eine Karte für das Spiel bekommen zu haben (Danke Astird) und diesen Abend live erleben zu dürfen.
Auch wenn noch kein Verein mit 18 Punkten die Klasse gehalten hat, befindet sich der HSV doch auf dem besten Wege dem Abstiegskampf zu entgehen, da er in der Lage ist gegen jeden Gegner etwas zu holen. Die Fans konzentrierten sich gegen Ende der Partie schon auf das kommende Spiel und forderten nach dem Abpfiff einen Auswärtssieg.
Diesen zu fordern halte ich für vermessen, aber man wird doch mal träumen dürfen.