Montag, 23. November 2015

Die Frage nach der Entwicklung II

Meine Einschätzung zur sportlichen Entwicklung habe ich neulich gegeben und siehe da, sie hat auch heute noch bestand. Allerdings wurde ich in den Kommentaren gebeten mich zu den Finanzen zu äußern und der Bitte komme ich gerne nach, auch wenn mir die Bewertung wesentlich schwerer als die des sportlichen Bereichs fällt.

Um die Frage nach der finanziellen Entwicklung zu beantworten, muss man in den Sommer 2014 zurück gehen, als beim HSV die Führungsetage samt Struktur ausgetauscht wurde.
Ich denke, dass dieser Artikel der im März auf Sportschau.de erschienen ist die Ausgangslage ganz gut verdeutlicht. 27,87 Millionen Euro Minus wurde in den letzten vier Jahren erwirtschaftet, was den Verein an den Rand der Handlungsunfähigkeit gebracht hat. Hätte man nicht den Vertrag mit Sportfive verlängert und die Fananleihe zweckentfremdet, wäre dieser Betrag wohl um 30 Millionen Euro höher.

Trotzdem ging Beiersdorfer im Sommer 2014 auf Einkaufstour. Nicht erst seit seinem Interview auf Goal.com ist klar geworden wie sehr sich Didi den Zielen die HSVPlus einst ausgegeben hat verpflichtet fühlt. Gar nicht!
Dies kann man ihm noch nicht einmal verübeln. Beiersdorfer wollte den HSV sportlich konsolidieren, um ihn dann entwickeln zu können und nahm dafür alles an Geld in die Hand, was irgendwie verfügbar war. Wahrscheinlich sogar etwas mehr. Anstatt es zu senken, hob er das Gehaltsvolumen der Spieler sogar an, zudem schaffte er viele gutbezahlte Posten in der AG.
Wie gesagt das ist Beiersdorfers Weg, für den er irgendwann geradestehen muss.

Etwas anders sieht es beim Aufsichtsrat aus, der sich schließlich im Wahlkampf für HSVPlus eingesetzt hat und dessen Aufgabe es gewesen wäre sich für die Umsetzung der Wahlkampfversprechen einzusetzen, oder gar für diese zu sorgen. Es sollte die AG auf solide Beine gestellt werden und vermehrt auf die eigene Jugend gesetzt werden. Stattdessen wurde im ersten Jahr der AG dem Vernehmen nach ein erneutes Minus in zweistelliger Millionenhöhe eingefahren und mit den Talenten wurde wie vorher auch umgegangen.

Natürlich habe ich nicht erwartet, dass sofort die A-Jugend in der Bundesliga aufläuft, aber die Verpflichtung von Cleber bei gleichzeitiger Leihe von Tah nach Düsseldorf halte ich nach wie vor für ein denkbar schlechtes Signal. Dabei wäre die Anhängerschaft einen Weg der Jugend ohne zu murren mitgegangen, auch wenn der sportliche Erfolg ausgeblieben wäre, aber das ist er ja auch so.
Nicht in Euro und Cent zu greifen ist die Tuchelgeschichte mit all ihren Nebengeräuschen, dem Festhalten an Slomka und der Installierung der „bis auf weiteres Trainers“ Zinnbauer. Sicher ist aber, dass die Chance vertan wurde bei den Neuverpflichtungen das Gehaltsgefüge zu gesunden.

Nein das erste Jahr der AG ist aus wirtschaftlicher Sicht nicht gut gelaufen. Es fehlen weiterhin jegliche strategische Partner, die 9% verkauften Anteile gingen an Kühne und Bohnhorst, also Privatpersonen der Marke Gönner und halt nicht an Wirtschaftsunternehmen, mit denen man eine Partnerschaft eingegangen wäre. Auch da geht der Vorwurf in Richtung Aufsichtsrat.

Das zurückgehende Gehaltsgefüge vor dieser Saison ist zum größten Teil der diversen auslaufenden, gut dotierten Verträgen geschuldet, wenngleich man auch bei den Verpflichtungen dieses Sommers nicht meckern kann.
Durch den Wechsel von Holsten auf Bitburger kam etwas Geld in die Kasse und der Vertrag mit Fly Emirates wurde verlängert. Beides keine Selbstverständlichkeiten bei den momentane sportlichen Leistungen, aber auch nichts was Jubelstürme auslösen würde. Bei den Namensrechten für das Stadion hat man sich einmal mehr in die Abhängigkeit von Herrn Kühne begeben, denn so wie man die Rückbenennung in Volksparkstadion zelebriert hat, kann man diesen kaum wieder anderwärtig verkaufen.

Eine Binsenweisheit bleibt, dass sich der wirtschaftliche Erfolg eines Sportvereins am sportlichen Erfolg orientiert. Daher kann ich Beiersdorfers Kurs nachvollziehen, wenngleich er mir nicht in allen Punkten gefällt. Jetzt, da sich anscheinend die sportlich Stabilisierung einstellt ist spätestens der Zeitpunkt gekommen, verstärkt auf die Finanzen zu gucken. Dazu gehört auch, einem Kühne seinen Wunsch nach einem neuen Stürmer auszureden und ihn dazu zu bringen in die Gesundung der AG zu investieren. Allerdings wird das wohl ein frommer Wunsch von mir bleiben.

Die Entwicklung des HSV sehe ich trotz vieler vergebener Chancen vorsichtig positiv, da wie es scheint ein Klima geschaffen wurde, in dem es sich zielführender Arbeiten lässt. Rucksackgate hin, Pussygate her. Die Frage wo wir ohne die Ausgliederung stehen würden lässt sich natürlich nicht beantworten und ich werde mir daran auch nicht die Finger verbrennen.
Zu meiner Entscheidung vom Sommer 2014 stehe ich allerdings nach wie vor.