Dienstag, 16. Februar 2016

Bilanz und Heimsieg

Ich muss zugeben, dass ich angesichts der ersten Bilanz der HSV-AG nicht so schockiert bin wie ich es auf Grund der nackten Zahlen eigentlich sein sollte. Man kann die Zahlen drehen und wenden wie man will, so richtig positiv wollen sie nicht rüberkommen.
Finanzbericht und Bilanz lesen sich erwartet schlecht. Man erwartet, dass die Umsätze zurückgehen, liest wie unattraktiv der HSV mittlerweile für Investoren und Sponsoren ist, wie Gehälter steigen und die Verschuldung trotz der Verkäufe von Anteilen nur geringfügig sinkt.
Das Jahr eins nach der Ausgliederung war (nicht nur) aus finanzieller Sicht ein Schlag ins Wasser. Um jetzt genau beurteilen zu können wer zu wie viel Prozent Schuld an diesem Ergebnis ist fehlt mir die Kompetenz und auch die Zeit. Sicher ist aber, dass es den einen Schuldigen wie fast immer nicht gibt.

Auch ich bin, als ich einst HSVPlus die Stimme gab davon ausgegangen, dass es über maßvolles Haushalten und der Einbeziehung von strategischen Partnern zu einer zügigen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation kommen würde, zumindest aber hätte ich das erzielte Rekordminus nicht für möglich gehalten.
Jetzt hören und lesen wir viel von Sonderabschreibungen, Umstrukturierungen und Investitionen in die Zukunft und all diese Punkte werden auch zu recht angeführt. Wenn Spielerverträge auslaufen verfallen die buchhalterischen Werte eben. Mit van der Vaart (3,0), Westermann (1,5), Jansen (2,0*), Rajkovic (1,0), Jiracek (1,5), Beister (1,5) und Sobiech (0,9) kommt da schon 11,4 mio Euro zusammen. Auch der Auf- und Umbau von Nachwuchs-, Scouting- und medizinischer Abteilung kostet Geld, wahrscheinlich sogar mehr als erwartet.
*Bei Jansen habe ich den letzten Marktwert bei Transfermarkt.de halbiert

Sicher ist aber auch, dass die HSV-AG in ihrem ersten Jahr über ihre Verhältnisse gelebt hat. Sicher ist auch, dass die Marketingabteilung nebst Aufsichtsrat die vollmundigen Versprechen in Sachen strategischer Partner in keinster Weise halten konnte. Auf der einen Seite gab man also in etwa das mehr aus, was man auf der anderen Seite weniger eingenommen hat.
Das zu einem nicht unwesentlichen Teil selbstverschuldete sportliche Abschneiden (Slomka/Knäbel/Tuchel) führte zu einem weiteren Wertverlust der Marke HSV und natürlich auch zu verminderten Einnahmen bei Fernseh- und Sponsorengeldern.

Beim Anteilverkauf ist mir bis heute noch nicht klar, warum Herr Kühne, dem ich das Fansein nicht absprechen will, so hart verhandelt hat. Eigentlich kann es dem Fan doch egal sein, ob er ein Prozent mehr oder weniger an „seinem“ HSV hält. Auch liest man heute, dass man sich aus dem Namensverkauf des Stadions mehr erhofft hatte. Ich vertrete sogar die Meinung, dass man den Namen nie an Herrn Kühne hätte verkaufen dürfen, da man dafür auch anderswo gutes Geld bekommen hätte. Aber was weiß denn ich schon…

Jetzt gilt es also den Turnaround zu schaffen und innerhalb von zwei Jahren das Ergebnis des HSV auszugleichen (Anspruch Wettstein). Dabei kann man noch 10,15% Anteile verkaufen, ohne die Mitglieder um Erlaubnis fragen zu müssen. Nach dem letzten Kurs könnte man damit ca 28 Mio Euro erzielen. Entscheidender wird aber die Verwendung des Geldes sein. Stopft man Löcher oder tilgt man Schulden damit?
Das diese 10,15% in den kommenden zwei Jahren verkauft werden steht für mich fest.

Sollte frisches Geld fließen, könnte man damit die Fananleihe zurückzahlen, die ja im kommenden Jahr fällig wird, allerdings halte ich es für viel wahrscheinlicher, dass man versuchen wird die Anleihe zu verlängern, was bei 6% Zinsen auch für die Anleger Sinn machen würde.
Auch würde mich interessieren, ob und zu welchen Bedingungen die HSV-AG ihre Anteile zurück erwerben kann, wenn denn irgendwann mal strategische Partner gefunden werden sollten.

Ungeachtet aller Fakten und Enttäuschungen habe ich komischer Weise auch heute noch ein besseres Gefühl, als noch vor 2 Jahren. Ich glaube, dass es gelingen kann den HSV zu sanieren, wenn man (auch mit Verspätung) jetzt konsequent daran arbeitet. Allerdings sollte man nicht davon ausgehen, dass es in absehbarer Zeit zu nennenswerten sportlichen Erfolgen kommt, denn der Abstand zu den vorderen Plätzen der Liga ist zu groß geworden. Darüber kann auch ein 3:2 gegen Gladbach (über das im aktuellen HSVTalk berichtet wird) nicht hinweg täuschen.