Ich würde ja auch gerne so wie der geschätzte Kollege Rebiger von einer zweiten Chance reden, die Labbadia „Vergangenheit hin, amouröse Geschichten her“ wie jeder andere Mensch verdient hat, aber es fällt mir sehr schwer, meine Hoffnungen von heute in den Problembären von einst zu setzen.
Als ich von dieser Entscheidung hörte schrieb ich diesen Dreizeiler (für vier hat es nicht gelangt):
Und denkst Du schlimmer geht`s nicht mehr
Holt der Didi Bruno her
Und nach dem Kopf ist auch der Magen leer
Irgendwo zwischen Resignation, Wut und Enttäuschung ist meine Gefühlslage einzuordnen und ich habe noch keine Ahnung, in welchem emotionalen Zustand ich die Partie am Sonntag verfolgen werde.
Nachdem man die Verhandlungen mit Tuchel in der gleichen Art und Weise, wie einst mit Sammer und Siegenthaler vergeigt hat, holt man halt jemanden der zur Verfügung steht, mit dem man gut Freund ist, den man schon mehrmals kontaktiert und dann wieder links liegen gelassen hat.
Meiner Meinung nach hat sich die sportliche Leitung innerhalb eines Jahres zum vierten Mal in der wichtigsten Frage des sportlichen Erfolgs vertan. In der Trainerfrage.
Man ist mit Mirko Slomka in die Saison gegangen, obwohl es ein offenes Geheimnis war, dass er nicht die Wunschbesetzung für diese Position war und gab der Mannschaft so jedes Argument zum Dienst nach Vorschrift.
Man gab Joe Zinnbauer die Bis-auf-weiteres-Bürde mit auf den Weg, was den gleichen Effekt gehabt haben dürfte und dem Vernehmen nach versuchte man ihn so stark zu unterstützen, dass es wie Bevormundung aussah.
Man setzte dann einen Platzhalter auf den Stuhl des Sonnenkönigs Tuchel anstatt Nägel mit Köpfen zu machen.
Alle drei Vorgänge deuten darauf hin, dass man den Erhalt der Klasse als gottgegebene Selbstverständlichkeit angesehen hat.
Und jetzt zu guter Letzt setzt man auf den Trainer, der schon seit dem letzten Sommer immer wieder im Gespräch, aber anscheinend nie gut genug war, auf den Trainer, der auch wenn er sagt, dass er nur nach vorne gucken will, erst mal den Schatten seiner HSV-Vergangenheit beiseite fegen muss und der nach der Bekanntgabe der Tuchelverhandlungen bestenfalls als Lösung B zu bezeichnen ist.
Ja, jeder Mensch verdient seine zweite Chance und ich billige sie bestimmt auch Bruno Labbadia zu, aber von mir zu verlangen, dass ich meine Hoffnung auf einen Trainer setzen soll, den ich vor knapp fünf Jahren noch zum Teufel gewünscht habe, weil er es fertigbrachte innerhalb eines halben Jahres fast den gesamten Kader gegen sich aufzubringen ist schon starker Tobak.
Ich habe bislang auch immer gesagt, dass man der neuen Vereinsführung mehr Zeit zubilligen müsse, damit sie an den richtigen Stellschrauben drehen könnte und irgendwie will ich das auch immer noch, aber die Entscheidung für Labbadia lässt mich zumindest für heute fassungslos zurück.
Vielleicht ändert sich das, wenn der Ball wieder läuft und das eventuell sogar etwas gefälliger als zuletzt. Vielleicht erinnert man mich dann an das, was ich heute geschrieben habe, sicher ist aber, dass ich noch nie mit einer Trainerentscheidung spontan so unzufrieden war wie heute.