Sonntag, 11. März 2018

Meine HSV-Woche

Ein 0:6 in München ist ja eigentlich nichts, was einen eingefleischten HSV-Fan erschüttern könnte und so ist es auch in diesem Jahr bei mir gewesen. Ein Kopfschütteln über die dargebotene Leistung meines Vereins und ein paar dumme Sprüche über Twitter aus Selbstschutz, das wäre die normale Reaktion, wenn in der vergangenen Woche nicht so viel passiert wäre, über das es sich meiner Meinung nach zu reden lohnt.

Wie im letzten Blogbeitrag geschrieben ist der HSV für mich seit der Niederlage von der Weser abgestiegen. Das Engagement vom Heimspiel gegen Mainz, gepaart mit der Unfähigkeit das Runde ins Eckige zu bugsieren war dann schon fast eine Erleichterung, hätte ein Sieg doch neue Hoffnung gebracht und so das Leiden verlängert. So entschloss ich mich mir Gäste in den HSVTalk zu holen, die noch hoffen.
Die Reaktionen auf diesen Talk waren interessant, vielfältig, aber durchweg positiv.

HSVTalk Hoffnung

Zwei Tage später wurden Bruchhagen und Todt entlassen.
Bernd Hoffmann machte das wahr, was er während seines Wahlkampfs angedeutet hat, ohne es auszusprechen. In seiner zweiten Aufsichtsratssitzung ließ er sich zum Vorsitzenden des Gremiums wählen und löste Michael Krall nach nur einem Monat Amtszeit ab. Selbstverständlich wurde diese Entscheidung, wie auch die zur Demission Bruchhagens einstimmig getroffen. Dann wurde Bruchhagen freigestellt und Frank Wettstein, jetzt alleiniger Vorstand entließ Jens Todt. Positiv ist, dass die Diskussionen zur Mehrheitsfindung komplett dort blieben wo sie hingehören, nämlich im Aufsichtsrat. Beim HSV beileibe keine Selbstverständlichkeit.

Meine Einschätzung auf meinsportradio.de vom Donnerstag

Und noch ein Positivum möchte ich nicht unbemerkt lassen. In Krisenzeiten kann man darauf wetten, dass die Granden glorreicher Zeiten aus den Löchern gekrochen kommen, sich vor die Mikrofone und Notizblöcke stellen und kritisieren was das Zeug hält. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich Marcell Jansen gerade in diesen, vielleicht dunkelsten Tagen der Vereinsgeschichte in ein Amt berufen lässt und versucht im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas für den HSV zu bewirken. Hut ab Cello!

Zurück zum Donnerstag. Schnell war wieder vom Chaos in Hamburg zu lesen, doch ebenso schnell schwenkte dieses Gerede in Verständnis um. Wann außer sofort sollte man eine Neuausrichtung des Vereins in die Wege leiten? In der Sommerpause wäre es wohl zu spät gewesen.
Natürlich wäre es schön, wenn der neue starke sportliche Leiter schon installiert wäre, oder der Abschluss mit einem solchen wenigstens kurz bevor stehen würde, denn obwohl der Verein pro forma handlungsfähig ist und sich das verbliebene Vortstandsmitglied Frank Wettstein in sportlichen Dingen bei Bernhard Peters und Johannes Spors Rat holen kann, verbleibt der Eindruck eines Vakuums.
Für mich wäre ein fließender Übergang von Bruchhagen/Todt zu Mister X oder X/Y sinnvoller gewesen und ich kann mir vorstellen, dass beide Entscheidungsträger dazu bereit gewesen wären, doch kann ich mich da natürlich auch irren.


Mich beschleicht auch immer mehr das Gefühl, dass wir auch ein Motivationsvakuum auf der Bank sitzen haben. Bernd Hollerbach ist ein Mann der Tat und nicht des Wortes, doch war ich ob seiner Mimik während der donnerstäglichen Spieltags-PK entsetzt.
Würde ich jetzt den (mir) fehlenden Funken in den Augen des Trainers eins zu eins mit der ausgebliebenen Leistung der Mannschaft in München in Verbindung bringen, wäre das zu eindimensional gedacht und auch unter Labbadia und Gisdol gab es während der Aufholjagden Auftritte dieser Art, doch war gestern nichts von einem Wirgefühl auf dem Platz zu bemerken.

Wenn sich dann nach dem Spiel ein Papadopoulos hinstellt und über ausgebliebene Verstärkungen im Winter jammert klingt das schon sehr nach der Suche nach Ausreden. Wenn sich ein Schipplock über die Einstellung seiner Kollegen beschwert möchte in bester Trappatonimanier fragen: „Was erlaube Schipplock? Drei Jahre gespielt wie Flasche leer, keine Tor getroffen und jetzt reden über Einstellung von Mitspieler“ Mit anderen Worten, der Zusammenhalt im Team, der dem HSV mehrmals die Klasse gehalten hat scheint in diesem Jahr nicht vorhanden zu sein. Die Spieler wirken genauso zermürbt wie Medien und Fans.

Das bringt mich zum nächsten Thema.
Wenn Teile von uns Fans meinen die Spieler mit Plakaten und Kreuzen bedrohen zu müssen so ist das eine Straftat und mit nichts zu rechtfertigen!
Trotzdem sehe ich in dieser absolut überzogenen Reaktion nur den Wunsch sich Gehör zu verschaffen. Die gängigen Floskeln wie „Scheiß Millionäre“ und so weiter werden doch schon vom Boulevard in der Suche um Aufmerksamkeit verwendet. Wer die Luschenkampagne der Bild gesehen hat kann sich nur noch angeekelt abwenden, wer die Spielerbewertung des Abendblatts in der Ursprungsfassung gelesen hat kann deutlich erkennen, dass eine Steigerung dessen was da stand nur noch in diesem unsäglichen verachtungswürdigen Plakataktionen zu finden ist.
Dazu war der Liveberichterstattung auf Sky angefangen mit diesem von Volksmusik untermalten Torzusammenschnitt, über dem unsachlichen und vor Häme triefenden Kommentar von Frank Buschmann, bis zu den eingespielten Kommentaren eines Lothar Matthäus anzumerken mit welchen Genuss der Spielverlauf begleitet wurde.

Als kurz nach dem Abpfiff Bilder des oben genannten Plakats im Netz erschienen sind waren gerade diese Medien die ersten, die dies verurteilten, selbstverständlich ohne sich selbst zu hinterfragen.

Im letzten Blogbeitrag endete ich mit der schwachen Hoffnung, dass wir mit etwas Restwürde und Anstand absteigen würden, diese Hoffnung möchte ich wider besseren Wissens erneuern und mit einem Appell an die die begleitenden Medien ergänzen ein Mindestmaß an Sachlichkeit walten zu lassen, oder wenigstens darauf zu verzichten weiteres Öl ins Feuer zu gießen. An die Teile der Fans zu appellieren, die Gewalt androhen halte ich für sinnlos, da kann man nur versuchen dem Pöbel so wenig Plattform wie möglich zu geben.
Nur der HSV!