Mittwoch, 5. Januar 2022

Rochade

Dr Thomas Wüstefeld übernimmt ab sofort die Aufgaben von Frank Wettstein. 
Nüchtern betrachtet vollzieht der HSV damit einen fälligen bis überfälligen Schritt, schließlich will und muss man über die kommenden sechs Monate hinausschauen und das traut man dem auf eigenen Wunsch ausscheidenden Wettstein nicht mehr zu. 
Dr Wüstefeld scheint in der Stadt und auch in der Finanzwelt gut vernetzt und dadurch als Kandidat durchaus geeignet zu sein. 

So weit so gut, doch wäre es nicht unser HSV, wenn es nicht ein Aber gäbe. 
Innerhalb eines Vierteljahres wurde Wüstefeld Anteilseigner, dann Aufsichtsratschef und jetzt schließlich Finanzvorstand der Fußball AG. Ein Ablauf der an Bernd Hoffmanns (Um-)Weg an die Spitze der Fußball AG erinnert. 
Zeitgleich zu Wüstenfelds Einstieg beim HSV kündigte Frank Wettstein an seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen. 
Ein Zufall? 
Wohl eher nicht. 

Spätestens seit der Absetzung Hoffmanns im Frühjahr 2020 ist im HSV ein Kampf um Posten und Macht entstanden, der an die Zeit nach dem Aus von Dietmar Beiersdorf als Sportvorstand von 2009 erinnert. Denken wir nur an den Streit des EV-Vorstands über die Nachbesetzung vakanter Aufsichtsratsposten, der über den Misstrauensantrag aller Gremien gegen Thomas Schulz zum Rücktritt des gesamten Vorstands führte, oder die Nichtzulassung des Teams Bester/Müller/Wenzel zur Vorstandswahl im vergangenen August. 

Als Gewinner dieser Hamburg Edition von Game of Thrones kristallisiert sich Marcel Jansen heraus, der wie berichtet wird alle Posten nach seinen Wünschen besetzt hat und jetzt, sechs Wochen nach seinem Rückzug, wieder den Vorsitz des Aufsichtsrats übernimmt. 
Selbstverständlich nur kommissarisch, ebenso wie Dr Wüstefeld den Posten als Vorstand. 

Auf hsv.de ist zu lesen: „Uns ist bewusst, dass wir aufgrund der aktuellen Corona-Welle und ihrer Folgen erneut vor einer großen Herausforderung stehen. Die Konsequenzen werden weit in die Zukunft Auswirkungen haben, darum wollen und müssen wir den Club über den Sommer hinaus stabilisieren und die nächsten Entwicklungsstufen anpeilen“, sagt Dr. Thomas Wüstefeld. 
Hohe Ziele für ein Jahr kommissarischer Arbeit, wie ich finde. 

Ich möchte klarstellen, dass mir die internen Einblicke fehlen, um irgendjemanden etwas vorzuwerfen, das bisher Geschriebene gibt nur das wieder, was ich in den freizugänglichen Medien gelesen habe. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass die Vereinspolitik in den letzten zwei Jahren transparenter und nachvollziehbarer abgelaufen wäre. 
Ich hätte mir gewünscht, dass man den Mut hat im Aufsichtsrat eine konstruktive Opposition zuzulassen, um in einem demokratischen Prozess zum Wohle des Vereins zu entscheiden. 
Zum Wohle des Vereins… Das klingt wieder hoffnungslos naiv, doch wenn ich nicht mehr hoffen darf kann ich meine Mitgliedschaft auch gleich kündigen und dazu bin ich (immer) noch nicht bereit. 
So wünsche ich mir, dass meine Bedenken und Befürchtungen sich als falsch und überflüssig herausstellen werden und sich unser Verein durch die umsichtige Arbeit aller Verantwortlichen endlich in ruhigeres Fahrwasser begibt.


Apropos naiv: 
Herr Wüstefeld falls sie das hier lesen möchte ich ihnen anbieten ihr Stimmrecht als Anteilseigner im Hauptausschuss für sie zu übernehmen, falls sie ob ihrer Ansammlung von Ämtern im HSV mal der eine oder andere Gewissenskonflikt belasten sollte. Ich würde zwar nicht immer in ihrem Sinne, dafür aber nach Wissen und Gewissen in dem der AG abstimmen.
 

Nur der HSV