Wenn der amtierende Vizemeister bei einer Mannschaft, die
seit Jahren gegen den Abstieg spielt mit 2:0 gewinnt kann man das als normal
bezeichnen. Gestern hat der HSV in der ersten Halbzeit gut mitgehalten und
hatte dabei sogar die klarste Chance, als Kostic den Ball nach einem
wunderschönen Konter nicht auf das Tor bringen konnte. Doch mit zunehmender
Spieldauer wurde Leipzig immer überlegener und hat am Ende verdient gewonnen.
So weit, so normal.
Wie ihr vielleicht wisst stehe ich bei Heimspielen immer mit
einer kleinen aber lautstarken Clique im Block 26a und gestern kam doch
tatsächlich einer dieser ultragefährlichen Ultras auf mich zu und bedroht mich
mit der Frage: „Würden sie auch eine Kleinigkeit für die nächste Choreo
spenden?“ Nachdem ich darauf hingewiesen habe, dass ich ihm bei einem erneuten
Siezen den Klingelbeutel klauen würde bin ich dieser Erpressung gerne
nachgekommen.
Diese kleine Anekdote soll nur zeigen, dass mein Verhältnis
zu den Ultras zunehmend unverkrampfter wird seit ich “in der Nord“ stehe.
Natürlich finde ich nicht alles toll und richtig was dort passiert, doch ist
das Engagement um Fankultur und die Unterstützung der Mannschaft absolut
lobenswert.
Auch den Umgang mit unserem gestrigen Gegner finde ich
bemerkenswert reflektiert. Sowohl in der Kurveninfo von Poptown als auch per
Mikro vor dem Spiel wurde dazu aufgerufen die Kapitalisierung des Fußballs
nicht nur auf Red Bull und Co zu reduzieren, sondern sich auch als Verein an
die eigene Nase zu fassen.
Gestern, so mein Eindruck hielten sich die Schmähgesänge
gegenüber den Leipzigern im Rahmen, auch wenn natürlich nach dem revidierten
Elfer Timo Werner als Sohn einer Frau dargestellt wurde, die dem ältesten Gewerbe
der Welt nachgeht. Trotz des handelsüblich theatralischen Fallers von Werner
war das Besondere dieser Szene, dass Aytekin den sauberen Zweikampf überhaupt
erst abgepfiffen hat.
Stolz auf die Kurve, die ja eine Tribüne ist, war ich zum
Ende des Spiels, als die Mannschaft ob ihrer Leistung unterstützt wurde und
nach dem Abpfiff den verdienten Applaus für die erbrachte Leistung bekommen
hat. Da sage noch einmal jemand, dass die Fans überzogene Erwartungen hätten…
Stolz und froh war ich nach dem Abpfiff auch über die
Aussage des Trainers, der die Probleme im Kader durch Förderung des eigenen
Nachwuchses begegnen will.
Markus Gisdol: Es ist nicht geplant, vertragslose Spieler zu verpflichten. Wir haben auch junge Spieler, die wir entwickeln wollen. #HSVRBL— Hamburger SV (@HSV) September 8, 2017
Es wäre nicht die erste Tugend, die aus der Not heraus
geboren wurde.
Apropos Trainer. Gestern war sehr gut zu sehen, warum Gisdol
Andre Hahn unbedingt haben wollte. Wahnsinn, was der Rückkehrer gestern
geackert und gekämpft hat und deutlich zu sehen, dass er dadurch besser zur
Spielweise des HSV passt, als es ein Gregoritsch tat. Ich revidiere meine
Meinung hier gerne.
Mit einem Auftreten wie gestern muss dem HSV nicht bange
sein, wenn es um den Klassenerhalt geht, sollten aber nur 95% der
Einsatzbereitschaft auf den Platz gebracht werden wird es gegen jeden Gegner
eng. Aber diese Erkenntnis ist auch nicht neu.
Einen hab ich noch: Liebe Multimediaabteilung des HSV,
richtet doch bitte ein Augenmerk auf die Barrierefreiheit eurer Tweets!
Ah, die @HSV Aufstellung wieder nicht barrierefrei zugänglich für blinde Twitter-Nutzer. Keine #BiBesch. ES NERVT!!! CC: @MeinAugenlicht https://t.co/MOF9trVqI3— Heiko Kunert (@HeikoKunert) September 8, 2017
Danke