Mittwoch, 8. April 2015

Wie einst die Costa Concordia

Hätte man mir im vergangenen Sommer erzählt, dass diese Saison noch schlechter als die vergangene verlaufen würde hätte ich es nicht geglaubt. Ehrlich gesagt wurde ich von mehreren Leuten auf diese Möglichkeit hingewiesen und ich wollte es nicht wahrhaben. Schließlich musste man aus einer Saison, wie der vergangenen doch einfach ein paar Lehren ziehen, um eine Wiederholung zu vermeiden.
In meiner –vielleicht naiven- Vorstellung hätte man diese Saison ohne größere Veränderungen in Angriff nehmen können, denn Potential war ja zumindest auf dem Papier ausreichend vorhanden.

Dietmar Beiersdorfer sah das anders. Durch den auslaufenden Leihvertrag Lasoggas und dem unwürdigen Abgang Calhanoglus, sowie zahlreicher Verträge mit einem Jahr Laufzeit sah sich der frisch installierte Vorstandsvorsitzende zum sofortigen Handeln genötigt. Da Herr Kühne dann doch seine Schatulle aufmachte wurde dieses Handeln auch ermöglicht.
In der Vorwärtsbewegung wurde ein Mangel an Geschwindigkeit ausgemacht, welchen man mit Müller und Stieber (noch von Kreuzer verpflichtet) beheben wollte, zu dem holte man mit Behrami einen Charakterkopf, dem man zutraute die Mannschaft zu führen, mit Holtby kam ein erfahrener Mittelfeldspieler und die Abwehr wurde perspektivisch durch Cleber verstärkt. Dazu wurde Lasogga fest verpflichtet.
Auch wenn ich es lieber gesehen hätte, wenn man in der Abwehr auf den Nachwuchs, sprich auf Jonathan Tah gesetzt hätte, konnte ich diese Kadergestaltung nachvollziehen und war mir relativ sicher, dass man mit diesen Spielern um Platz 10-12 spielen sollte.

Erste Zweifel an der Konsequenz im Handeln des neuen Vorstands kamen mir nach der frühen Entlassung von Mirko Slomka. Ein Punkt und 0:5 Tore nach drei Spielen sind zweifellos ein Fehlstart, doch eigentlich noch kein Grund zum Trainerwechsel, da sich die Mannschaft auch durch späte Zugänge noch im Findungsprozess befand. Hätte man Slomka andersrum nicht zugetraut die Mannschaft zu führen und zu entwickeln, hätte man früher handeln müssen.
Zinnbauer verhalf der Mannschaft dann auch mit „seinen“ Jungs aus der Zwoten zu einer defensiven Stabilität und man (auch ich) war der Meinung, dass man in der Winterpause darauf aufbauen können würde. Eine grausame Niederlage und zwei spielerisch armselige Siege späte sah man, dass daraus nichts werden würde.

Nach der schon fast obligatorischen Klatsche in München kamen Spiele die man durch späte Gegentore (Gladbach) und überflüssige Platzverweise und Elfmeter (Hoffenheim, Frankfurt) verlor bzw. Unentschieden spielte. Die Niederlage gegen die Hertha und die Bilanz von 16 Toren in 26 (23) Spielen kostete Zinnbauer dann den Job und ich fragte mich wo die Mannschaft wohl stehen würde, wäre Slomka Trainer geblieben… Müßig.
Jetzt ging also auch das Debut von Peter Knäbel so in die Hose, wie es nur möglich war und allen steht die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben. Dabei musste man ja nicht zwingend von einem Auswärtssieg in Leverkusen ausgehen, doch eine kleine Entwicklung hin zum Positiven wäre notwendig gewesen.

Als Fan und, durch Radio und Blog, intensiver Begleiter des HSV, als Befürworter der Ausgliederung nach HSVPlus gehen mir so allmählich die Argumente aus. Nie wieder wollten wir eine Relegation erleben und jetzt fängt man schon an zu hoffen, dass sich doch bitte zumindest zwei schlechtere, dümmere oder was auch immer finden mögen, die sich im Mai tabellarisch hinter uns einsortieren…
Eine Mischung aus Enttäuschung, Verzweiflung und Resignation macht sich unter den Fans, die in Leverkusen selbst noch beim Spielstand von 0:3 lauter als die Gastgeber waren breit. Zu richtiger Wut ist man nicht mehr fähig.

Es wäre auch schwer die Wut gerecht zu kanalisieren, da sich eigentlich niemand anbietet, den man als alleinigen Sündenbock verteufeln könnte. Jedem ist klar, dass die sportliche Misere von heute ein Resultat der Versäumnisse von gestern und vorgestern ist, die sich allerdings und das ist besonders schade bis in die Gegenwart fortsetzen und noch schlimmer, es ist kein Ende in Sicht.
Vertragsinhalte von zukünftigen Trainern geraten in der Verhandlungsphase unwidersprochen (!) an die Öffentlichkeit, nach dem man die Verhandlungen als solche ohne jede Not bestätigt hat und auch wenn die Streichlisten für die nächste Startelf, die unter Berufung auf interne Quellen durch die Gazetten geistern nicht vom Trainer abgesegnet sein werden, gießt er mit seinen Aussagen er wisse nun auf wen er sich verlassen könne Öl ins Feuer.

Man kann sich dem Gefühl nicht erwehren, dass der HSV wie einst die Costa Concordia dicht an der Küste vorbeifährt um lieb zu winken undsämtliche Rettungsboote von den Verantwortlichen und den Spielern besetzt sind, um für den Fall der Fälle schnell von Bord zu kommen. Für die kleinen Angestellten und uns Fans spielt im Rumpf des Schiffes noch eine Band.
Gegen dieses düstere Bild spricht, dass sich ein Peter Knäbel selbst in Pflicht nimmt und, man kann es nicht anders sagen, vorweg geht. Ob die Entscheidung dies zu tun weise war werden wir in sieben Wochen sehen, mutig ist sie allemal.

Und so bleibt wieder einmal die Hoffnung, dass von diesen Mut etwas auf die Mannschaft überspringt, vielleicht sieht man gegen Wolfsburg die Ansätze, die man sich schon für Leverkusen erhofft hat, vielleicht gibt es schon in Bremen Punkte. Vielleicht bleibt uns ja sogar die Relegation und der Abstieg erspart und vielleicht werden irgendwann auch mal die richtigen Lehren aus dem Istzustand gezogen und dieser mit aller Konsequenz abzustellen versucht….
Ja ja Weihnachtsmann, Osterhase und so.
Ich hör ja schon auf.