Montag, 6. Mai 2013

HSV: Ziele erreicht, Trainer raus?

45 Punkte und ein einstelliger Tabellenplatz wurden im Sommer als Saisonziele des HSV ausgegeben.
Durch das 1:1 gegen Wolfsburg am Sonntag, wurden diese schon am 32.Spieltag erreicht.
Klar, es hätte mehr sein können und rein rechnerisch besteht noch die Möglichkeit auf den Zug nach Europa aufzuspringen, realistisch sind dagegen die Plätze 7-9 (auch wenn es theoretisch auch noch P12 werden könnte) und der Titel Nummer 1 im Norden, ein zugegeben ideeller Titel, der sich aber trotzdem gut anfühlen würde.

In meinen Augen ist die Saison also gelaufen. Jetzt gilt es in der nächsten Woche durch einen Auswärtssieg den ewigen Rivalen in der Liga zu halten und dafür das Projekt Hopp daraus zu entfernen. Sollte dies gelingen, bliebe noch die Chance sich mit einem abschließenden Heimsieg gegen die chemische Betriebself aus der Saison zu verabschieden.
Zweifellos lohnende Ziele, die aber bei normalem Verlauf für das Abschneiden des HSV nur noch statistischen Wert haben sollten.

Für mich und wie ich hoffe auch für die Vereinsführung ist der Zeitpunkt gekommen, das Gesehene zu analysieren.

Der vor der Saison 2011/12 eingeleitete Umbruch wurde durch die Abgänge von Jarolim, Petric und Guerrero fortgesetzt. Neben vielen gescheiterten Talenten (u.a. Chrisantus) verließen auch Romeo Castelen und Mikael Tavares, sowie der als Unruhestifter abgestempelte Gökhan Töre den Verein.
Als Zugänge standen Rene Adler und Maxi Beister früh fest, Hakan Calhanoglu wurde verpflichtet und nach Karlsruhe zurück verliehen, mit Artjoms Rudnevs kam ein Stürmer aus Polen und mit Paul Scharner ein Innenverteidiger aus England. Auf Milan Badelj musste der HSV lange warten, da dieser noch mit Zagreb die Champions League Qualifikation spielen sollte.

Zum Ende der Transferphase wurden nach dem Fehlstart gegen Nürnberg und Bremen noch Petr Jiracek und Rafael van der Vaart verpflichtet. Ohne auf die Rolle des Herrn Kühne weiter eingehen zu wollen, möchte ich noch daran erinnern, dass die Verpflichtungen des HSV aus dem hoffmannschen Kühnedeal durch dieses erneute Engagement hinfällig wurden und sämtliche Transferrechte der Spieler wieder beim HSV liegen, was in meinen Augen ein großer Fortschritt ist.

Wurde Frank Arnesen vor einem Jahr noch für die "Chelsea-Boys" belächelt, ließ er in seiner zweiten Transferphase doch aufhorchen. Badelj und Beister deuteten schnell ihre Qualitäten an und Rudnevs arbeitete so lange an seinen Schwächen bis er zu einem wichtigen Bestandteil der Mannschaft wurde.
Van der Vaart nahm seinen Kollegen einiges an Last von den Schultern, blieb auf dem Platz aber hinter den Erwartungen zurück. Im Gegensatz dazu Schlug Rene Adler zu einhundert Prozent ein und das auf und neben dem Platz. Wenn man sagt, dass Adler dem HSV allein in der Hinrunde 8 Punkte gerettet hat, ist das bestimmt nicht übertrieben. Er erwies sich als eine erstklassige Verstärkung.
An der Tatsache, dass er dieses so oft zweigen musste setzt aber meine Kritik am Verlauf der Saison an.

Die Viererkette vor dem neuen Torwart steht dem Trainer seit seinem Amtsantritt im Herbst 2011 zur Verfügung, doch obwohl diese mit Nationalspielern gespickt ist, schaffte Fink es nicht ihr zur Stabilität zu verhelfen. Im Gegenteil, durch sein auf Dominanz ausgelegtes Spielsystem mit den hoch aufrückenden Außenverteidigern bieten sich den Gegnern immer wieder Räume zum Kontern, wenn Bälle im Aufbauspiel verloren gehen.

Dieses Spielsystem brachte Fink vom FC Basel mit und versuchte es eins zu eins beim HSV zu installieren, obwohl die Voraussetzungen der Vereine nicht zu vergleichen waren. Schließlich ist Basel in der Schweiz der Verein mit dem hochwertigsten Spielermaterial und zur Dominanz verdammt, während der HSV mit einer zusammengewürfelten Truppe im Abstiegskampf steckte. Dementsprechend oft wirkt der HSV mit Spielsituationen überfordert. Auch ich finde die Idee von einem dominanten, spielbestimmenden HSV sexy, doch wirkt es auf mich, als wolle Fink den zweiten Schritt vor dem ersten machen und die Mannschaft gerät dadurch ins Stolpern.

Als großes Problem in der Entwicklung von Mannschaft und Trainer stellte sich der überraschende 4:1 Erfolg von Dortmund dar. Seit diesem Spiel im Februar wird Fink nicht müde, daran in jedem Interview zu erinnern. Die zum Teil desolaten Leistungen werden als individuelles Versagen der Mannschaft hingestellt, etwas das man mit "Grasfressen" in den Griff bekommen kann. Im Gegensatz dazu wird dieses einzige, wirklich herausragende Spiel als Maßstab der wahren Leistungsstärke herangezogen.
Ein Verhalten, das jedem Fan als realitätsfremde Hochnäsigkeit ausgelegt werden würde.

Auch gefällt mir Finks Umgang mit den jüngeren Spielern nicht. Zugegebener Weise kann ich dies nur unter Vorbehalt aus meiner sicheren Entfernung sagen, doch habe ich den Eindruck, dass sich bis auf Son und mit Abstrichen auch Arslan kein jüngerer Spieler weiterentwickelt hat und auch bei den Beiden habe ich nicht das Gefühl, dass sie bislang das Optimum aus ihren Möglichkeiten herausgeholt hätten.
Gegipfelt ist dies in der roten Karte für Maxi Beister. Ich will Beister nicht in Schutz nehmen, doch kann ich auch Fink nicht von einer Teilschuld freisprechen. Der Frust Beisters, der sich in dieser Schwachsinnigkeit entlud, hatte bestimmt auch etwas mit seinen Bankzeiten zu tun, die sich zum Teil auch bei Rückständen verlängerten.

Natürlich kann ich die Trainingsleistungen von Beister oder auch Lam nicht beurteilen, die von der spielenden Konkurrenz allerdings schon.
Dabei wäre es doch gerade in der angeschlagenen finanziellen Lage so wichtig dem Nachwuchs eine Chance zu geben und es war auch schon früh absehbar, dass die Saisonziele nicht wirklich in Gefahr geraten sollten. Im nächsten Spieljahr will man nun den internationalen Wettbewerb erreichen, da wage ich doch zu bezweifeln, dass gerade unter diesem steigenden Druck mehr auf die Jugend gesetzt wird.

Im Prinzip kann man Thorsten Fink gar nicht viel vorwerfen. Er ist wie er ist. Allerdings muss sich die sportliche Leitung jetzt zusammensetzen und sich die Frage stellen, ob Fink wirklich der richtige Trainer für den HSV dieser Tage ist.
 Bei aller Sehnsucht nach Konstanz fände ich es angenehm, wenn man sich zur Abwechselung mal von einem Trainer vor der Vertragsverlängerung trennen würde, als kurz danach.

Sicher ist doch, dass sich der HSV weder weitere teuer eingekaufte Talente, die den Durchbruch nicht schaffen, noch weitere Jahre ohne internationalem Wettbewerb leisten kann und so gerne ich mich auch irren würde, sehe ich beides auf einen HSV mit Fink zukommen.

Die Antwort, auf die sich jetzt stellende Frage nach der Nachfolge möchte ich fürs erste schuldig bleiben, da ich oben schon einen Ansatz für ein Profil geliefert habe. Auch glaube ich nicht, dass der Verein in der Finkfrage meiner Meinung ist. Vielmehr deutet alles auf eine Verlängerung des Vertages um zwei Jahre bis 2016 hin, worauf ich eine Trennung bis Weihnachten befürchte.

NUR DER HSV!